9 Jahre Haft: Griner wegen Medizinal-Cannabis verurteilt
Basketballspielerin Brittney Griner ist in den USA ein Star. Viermal gewann sie mit ihrem Team die Euroleague, gewann zweimal bei Olympia und holte zweimal Gold bei den Weltmeisterschaften. Sie ist eine der besten Basketballerinnen der Welt. Neben der amerikanischen Profiliga WNBA, spielt Griner auch im russischen Verein UGMK Jekaterinburg, mit dem sie sechsmal russischer Meister wurde und bereits viermal die Euroleague gewann. Sie reist also oft ins Ausland, um dort zu spielen. Eine dieser Reisen nahm in Februar ein jähes Ende.
US-Sportlerin Griner in Angst
Griner war am 14. Februar dieses Jahres nach Russland geflogen, um dort ein Saison-Spiel ihres russischen Vereins zu absolvieren, doch den Flughafen verließ sie nicht mehr als freie Frau. Nachdem Security-Mitarbeiter bei der Kontrolle ihres Gepäcks auf Vape-Carts gestoßen waren, welche Cannabis-Öl enthielten, wurde sie verhaftet. Das Öl war ihr, nach Aussagen ihres Anwalts, von ihrem Arzt gegen ihre Schmerzen verschrieben worden. Sie nahm es allerdings selten ein; umso sinnloser erscheint, was ihr dieser Tage geschieht. Denn Russland ist Cannabis auch zu medizinischen Zwecken nicht erlaubt, und auch dann, hätte Griner es nicht einfach einführen dürfen. Ihr wird vorgeworfen, dass sie den Durchgang “nichts zu verzollen” nahm, um die Carts unbemerkt ins Land zu schmuggeln; dementsprechend ist Brittney Griner wegen Schmuggels von weniger als einem Gramm Cannabis angeklagt, doch sie hat Angst.
Am 4. Juli, dem Independence Day (Unabhängigkeitstag), entschließt sie sich, einen Brief an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Joe Biden, zu schreiben, in welchem sie ihn um Hilfe bittet. Sie schreibt: “Ich sitze hier in einem russischen Gefängnis, alleine mit meinen Gedanken und ohne den Schutz meiner Frau, meiner Familie, meiner Freunde“. Bezüglich des Unabhängigkeitstags schreibt sie: „Es tut mir weh, auch nur daran zu denken, wie ich diesen Tag normal feiern würde. Freiheit bedeutet derzeit was komplett anderes für mich.“ Sie endet mit einer Bitte an Joe Biden: „Ich bin dankbar für alles, was Sie derzeit tun können, um mich nach Hause zu holen. Ich habe große Angst, dass ich für immer hierbleiben muss.“
Richterliche Gnade? Fehlanzeige!
Angesichts dessen, wie man Russland zurzeit medial wahrnimmt, und natürlich angesichts dessen, was es real tut, ist es nachvollziehbar, welche Ängste Griner aussteht. Doch ihr Anwalt Alexander Boycow hatte eine Woche vor der Verhandlung noch beruhigende Worte für sie. „Wir erwarten ein eher mildes Urteil“, waren seine Worte in der Vorwoche. Doch dann forderte der Staatsanwalt Nikolai Wlasenko gestern mit den Worten: „Ich fordere das Gericht auf, Griner für schuldig zu erklären und sie zu neun Jahren und sechs Monaten Gefängnis zu verurteilen“, beinahe die Höchststrafe. Außerdem wird eine Strafe von 16.000 Euro verhängt, welche für ein Delikt dieser Art nicht höher hätte ausfallen können. Die höchste Haftstrafe liegt bei 10 Jahren. Warum geschieht dieser Frau ein so hartes Urteil, fragt man sich. Sie wird aus Leben, Familie, Karriere gerissen. Ihr werden 9 Jahre ihres Lebens gestohlen, und in ihrer Psyche wird ein schwer zu behebendes Trauma angerichtet. Die Antwort ist, dass es hier schon lange nicht mehr nur um (Medizinal) Cannabis geht. Ein Blick nach Washington.
Cannabis als politisches Instrument
Dass dieses Urteil unverhältnismäßig ist, steht außer Frage, und auch Präsident Biden äußert sich empört, aber bestimmt. Russland hält Brittney zu Unrecht fest“, erklärte er in einer schriftlichen Stellungnahme. „Das ist nicht hinnehmbar und ich fordere Russland auf sie sofort freizulassen, damit sie bei ihrer Frau, ihren Angehörigen, Freunden und Teamkollegen sein kann.“
Biden wirft Moskau ein politisch motiviertes Verfahren vor, und sagt Griners Frau Cherelle telefonisch Unterstützung zu, wie auch immer diese aussehen mag. Währenddessen telefonierte auch der US-amerikanische Außenminister Blinikin, und zwar mit dem russischen Außenminister Lawrow, um genau diese Frage zu beantworten. Biden und Blinkin streben einen Gefangenenaustausch mit Russland an, doch dafür musste erst ein Urteil im Prozess fallen. Diese Bemühungen waren bisher leider erfolglos, werden aber hinter den Kulissen, fernab von Gerichten und Anwälten fortgeführt. Das Weiße Haus sprach von “inakzeptablen Umständen”. Das sehen wir auch so, und halten euch auf dem Laufenden.
Bild: „УГМК Екатеринбург – ТТТ Рига 11“. Lizenz: CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en)