Laut eines offiziellen Berichtes des Deutschen Hanf Verbands (DHV) Münchens, spielte sich am Samstag, dem 22. Mai 2021, eine schockierende Szene im Grünspitz-Park in München-Giesing ab. Die 43-jährige Cannabispatientin Alexandra S. ging spazieren um ihre Medizin zu konsumieren, welche sie aus Rücksicht auf ihr Kind gewohnter Weise im Freien zu sich nimmt. Völlig unverhofft wird sie von sechs bayrischen Polizeibeamten des Unterstützungskommandos (USK) in Kampfmontur von hinten überrumpelt.
Alexandra S. wird aufgrund einer Posttraumatischen-Belastungsstörung (PTBS) mit Cannabis behandelt, welche sie für heftige psychische Reaktionen prädisponiert. Die Beamten hielten sie fest, schrien sie an und nahmen ihr gewaltsam ihre Medizin ab. Auf den Umstand, dass sich die Patientin aufgrund ihres Kindes verpflichtet fühlt ihre Medikamente draußen zu konsumieren, gingen die Beamten nicht ein. Ebenso weigerten sie sich, ihre Dienstnummern herauszurücken. Das harsche Vorgehen versetzte Alexandra S. in Angst und sie bekam infolgedessen eine Panikattacke. Laut telefonischer Auskunft kamen die Beamten aus Dachau.
Zeugenaufruf durch den DHV
Die Patientin berichtet, dass ein naher Passant das Geschehen mit seinem Handy filmte, woraufhin die Beamten ihn aufforderten die Aufnahme zu löschen. Nachdem sich der Passant weigerte, wurde ihm das Handy zunächst gewaltsam entrissen. Anschließend wurde er ohne offenkundigen Grund von dem Beamten abgeführt.
Ein weiterer Zeuge, Markus H. berichtet das Geschehen aus seiner Perspektive: „Anstatt Sie höflich auf Augenhöhe anzusprechen, wurde Sie von hinten attackiert und überrumpelt. Verständlich, dass man in so einer Situation erstmal Panik bekommt. Vom USK wurde sie stattdessen wie eine gefährliche Verbrecherin behandelt.“
Im Anschluss an das Geschehen begab sich Cannabispatientin Alexandra S. in die Notaufnahme, wo ihr Prellungen am rechten Handgelenk und Oberarm attestiert wurden. Seit dem Vorfall berichtet die Patientin über wiederkehrende Panikattacken, wenn sie sich dem Tatort nähert.
Der Sprecher der Münchner Ortsgruppe des Deutschen Hanfverbandes, Alexander Richter, äußerte sich wie folgt: „Die bayrische Polizei ist bundesweit für Ihren strengen Umgang mit Drogen bekannt, beim Thema Cannabis als Medizin gibt es jedoch offenbar insbesondere bei den Spezialkräften des USK weiterhin Aufklärungsbedarf. Sollten weitere Patientinnen und Patienten betroffen sein, können sich diese gerne bei uns melden.“
Passanten, insbesondere der Passant der das Geschehen filmte und abgeführt wurde, werden gebeten sich beim DHV zu melden um Cannabispatientin Alexandra S. bei einer geplanten Anzeige gegen die Beamten zu unterstützen. Des Weiteren fordert der DHV die Polizei auf, die Videoaufnahmen des Geschehens zu veröffentlichen um sich aktiv an der Aufarbeitung des Falls zu beteiligen.
Cannabiskonsum – nach wie vor ein Stigma
Der Fall von Alexandra S. ist schockierend. Eine Frau, die sich aufgrund einer psychischen Erkrankung in Behandlung befindet, wird von der Polizei attackiert. Und das nur weil sie ihre Medizin zu sich nimmt. Selbstverständlich ist es legitim, dass die Polizei die Frau im Rahmen einer Kontrolle um ihre Genehmigung erbittet. Dies ist aus Sicht der Polizei nötig um zu prüfen, ob eine Straftat besteht. Denn der Besitz von Cannabis ohne medizinische Verordnung ist illegal. Doch wie ist es möglich, dass sechs bayrische Beamte sich nicht darüber im Klaren sind, dass der öffentliche Konsum von Cannabis nicht mehr zwangsläufig eine Straftat darstellt? Sollten sie nicht damit rechnen müssen, dass der Konsument das Produkt aus medizinscher Notwendigkeit besitzt und zu sich nimmt? Wie kann es sein, dass sich eine Gruppe von sechs Beamten dazu legitimiert fühlt Gewalt anzuwenden, nur weil eine Person öffentlich Cannabis konsumiert?
Völlig unabhängig von dem Umstand, ob der Besitz des Cannabisproduktes medizinisch legitimiert ist oder nicht. Gewalt und Aggression sollte kein anwendbares Mittel sein um den Tatbestand zu klären. Es ist ein Skandal, dass eine Cannabispatientin von Seiten der Polizei nach wie vor stigmatisiert und diskreditiert wird. Ferner, dass ihr Grundrecht auf körperliche und geistige Unversehrtheit angegriffen wird, wie im Fall von Alexandra S. aus München. Der juristische Leitsatz „Unwissenheit schützt nicht vor Strafe“ sollte ebenso für Polizeibeamte gelten. Übertragen auf den Fall von Alexandra S. sollte dies bedeuten, dass die Unwissenheit der Beamten über die medizinische Notwendigkeit ihres Konsums, keine Ausrede vor Gericht sein darf. Kein Mensch hat die Legitimation anderen Menschen Gewalt an zu tun, egal ob mit oder ohne Dienstmarke – diese Regeln gelten für alle!
Medizinischer Zugang immer noch erschwert
Für vereinzelte Erkrankungen ist die medizinische Verabreichung von Cannabis bereits legal. Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist jedoch nach wie vor nur in seltenen Fällen möglich. Selbst für schwer erkrankte Menschen wie Dirk D. ist der Weg zum medizinischen Cannabis oft eine langwierige, nervenraubende Odyssee. Denn es gilt nach wie vor folgender Grundsatz. Die Kosten für medizinisches Cannabis werden nur dann übernommen, wenn bewiesen ist, dass alle herkömmlichen Behandlungsmethoden bereits vollständig ausgeschöpft wurden. Selbst wenn der behandelnde Arzt den Cannabiskonsum anordnet. Bei den herkömmlichen Behandlungen handelt es sich meist um starke synthetische Medikamente mit zahlreichen Nebenwirkungen.
Was sagt das über unser System aus? Wir zwingen kranke Menschen dazu, sich einem teils Monate oder Jahre andauernden Verhör durch die Krankenkassen zu stellen, damit sie die Medizin ihrer Wahl erhalten? Selbst mit medizinischer Legitimierung müssen Cannabispatienten also damit rechnen, dass sie im Falle einer Polizeikontrolle zunächst wie Verbrecher behandelt werden. So wie im Fall von Alexandra S. aus München.
Cannabis-Legalisierung längst überfällig
Prohibition ist keine Lösung. Gegen die Legalisierung von Cannabis werden nach wie vor Argumente wie das Risiko auf psychische Nebenwirkungen vorgeschoben. Wie beispielsweise Psychosen oder Angststörungen. Wenn sich der Staat so sehr um die psychische Unversehrtheit der Bürger kümmert, wäre es wesentlich verantwortungsbewusster Cannabis zu legalisieren. So könnte dieser über den Anbau Kontrolle über die Zusammensetzung der Cannabisprodukte zu bekommen. Denn Psychosen werden vor allem dann beobachtet, wenn extrem starke Cannabis-Erzeugnisse mit hohen THC Gehalt konsumiert werden. Eine Legalisierung würde diesem Problem entgegenwirken und Kontrolle über die Produkte ermöglichen.
Prohibition löst keine Probleme. Im Gegenteil, es verwehrt die Option auf einen kontrollierten, bewussten Umgang. Wäre Cannabis legal, könnten Risikopatienten für psychische Nebenwirkungen besser aufgeklärt und geschützt werden. Menschen, die einen medizinischen Vorteil im Konsum von Cannabis sehen, könnten besseren und schnelleren Zugang genießen und wären vor Vorfällen wie der von Cannabispatientin Alexandra S. geschützt. Die Stimmen die eine Legalisierung fordern sind längst keine Minderheit mehr. Grüne, Linke und FDP sprechen sich aus diversen Gründen für die Legalisierung aus. Wir hoffen, dass die zukünftige Regierung endlich umdenkt und den Weg zu einem kontrollierten und bewussten Umgang mit Cannabis ermöglicht. Für eine bessere und tolerantere Zukunft!
Mal wieder München, leider ja nicht das erste Mal das hier Patienten von den „Freunden und Helfern“ aufs brutalste angegangen werden. Da gab es ja schon mehrere Fälle in der Vergangenheit.
Auch ich bin seit Jahren legaler Cannabis Patient hier in München und lebe mit der Angst vor der Polizei, da ich weiß das man hier erst einmal zuschlägt und nicht nachfragt….
Es wird mehr als Zeit das Cannabis komplett legalisiert wird und der Eigenanbau für jederman frei ist.
Unglaublich! Das erinnert schon an das Profiling und gewalttätige Verhalten der US-Polizei.
Mich würde es sehr interessieren, welche Konsequenzen das ganze für die Beamten hat. Wäre gut wenn ihr dazu ein Update liefern könntet, sofern die Informationen zugänglich sind.
Bei der Erwartung von Konsequenzen für die Beamten kann man sich an den Fällen des André Borchardt und Qosay Khalaf orientieren.
mfG fE
Der Fall mit Qosay zeigt eindeutig welche Macht und Gewalt die Polizei ausübt und mit wie wenig Konsequenzen diese zu rechnet hat, sollte etwas nicht gesetzeskonform durchgeführt werden, oder gar mit dem Tode enden.
Es ist traurig, dass die Institution die uns vor Gewalt schützen soll, selbst Gewalt anwendet.
Statt jedoch die Polizei richtig zu schulen und ungeeignetes Personal auszusieben, räumt man diesen auch noch immer mehr Rechte ein und vertuscht das unter dem Banner „zum Wohle der Bevölkerung“.
Mir fehlen die Worte und der Artikel untermauert meine Meinung nur noch, dass nicht nur die Politik, sondern unser gesamtes System einer Reformation Bedarf.